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Wie man gute Cliffhänger schreibt … erfährst du nach der Pause!

Nicht nur in Fernsehserien, sondern auch bei Büchern quälen sie uns als Zuschauer oder Leser: Fiese Vorahnungen, Andeutungen, Informationen ohne Auflösung: Die Rede ist von Cliffhangern.

Man kann sich das tatsächlich so wörtlich vorstellen: Du beginnst als Leser eine Reise, gemeinsam mit der Hauptfigur. Ihr schlagt euch durch die ersten Abenteuer, die Spannung wird größer, je höher ihr zusammen den großen Berg der Herausforderungen vor euch erklimmt. Dann, gerade als du glaubst, dass ihr das Ziel erreicht habt, passiert es: Du rutschst ab und fällst hin. Unter dir bricht ein Stück Fels aus dem Berg und donnert mit tosendem Lärm den Berghang hinunter. Deine Füße haben keinen Halt mehr, du rutschst, greifst nach irgendetwas – da, ein Büschel trockenes Gras – und ehe du dich versiehst, baumelst du über dem Abhang, unter dir nichts als klaffende Tiefe, die dich verschlingen wirst, wenn du jetzt loslässt.

 

Sinn und Zweck von Cliffhangern

 

Du weißt es sicherlich: Cliffhanger bringen Zuschauer und Leser dazu, am Ball zu bleiben. Die meisten Fernsehserien beenden jede Episode mit einem kleinen bis mittleren Cliffhanger und jede Staffel mit einem großen, weil die Zuschauer oft mehrere Wochen bis Monate ausharren müssen, ehe die Geschichte mit der neuen Staffel weitererzählt wird.

Cliffhanger sorgen also für Neugierde. Wenn der Zuschauer oder Leser im Laufe der Geschichte Anteil am Schicksal der Figuren nimmt, dann lässt ihn ein abruptes Ende eines Kapitels nicht kalt, sondern zwingt ihn, weiterzulesen. Für Autoren gibt es nichts Schöneres als von einem Leser zu hören, dass sein Buch so spannend war, dass er die halbe Nacht durchgelesen hat, weil er es nicht aus der Hand legen konnte.

Das heißt: Cliffhanger sind ein Stilmittel zum Spannungsaufbau, zur Leserbindung an die Geschichte und zur Motivation, die Geschichte weiterzulesen.

 

Cliffhanger = Effekthascherei?

 

Nun könnte der findige Jung-Schriftsteller herangehen und sich denken: „Das ist ja einfach, dann muss ich nur an der spannendsten Stelle aufhören und schon habe ich die Leser gefangen.“

So einfach ist es leider nicht.

Mal ganz davon abgesehen, dass es einige Leser gibt, die Cliffhanger ganz und gar nicht mögen: Du darfst als Autor niemals mit dem Vertrauen deiner Leser nachlässig sein. Du kannst damit spielen, aber ich rate dir, sie nicht zu enttäuschen. Cliffhanger einzubauen sollte keine Effekthascherei sein, sondern ein logischer Ablauf im Plot.

In anderen Worten: Nutze Cliffhanger nicht um des Effektes Willen, sondern weil sie aus der Geschichte heraus geboren werden.

 

Beende viele Kapitel mit Spannung

 

Ein Feedback eines meiner Familienmitglieder zu meinem ersten Roman lautete: „Ich mag es nicht, wenn jedes Kapitel mit so einem Cliffhanger endet, dann kann man das Buch nie in Ruhe zur Seite legen.“

Ja, ganz genau: Wenn ich als Autorin etwas will, dann, dass du als Leser das Buch niemals aus der Hand legst 😉 Für mich war es die Bestätigung, dass meine Cliffhanger funktionieren (und ich bin ein sehr großer Freund von Cliffhangern, muss ich an dieser Stelle ja mal zugeben).

Mein Tipp daher:

[Tweet „Beende so Kapitel wie möglich mit einem Cliffhanger.“]

Es ist nicht bei jedem Kapitel immer und überall umsetzbar, aber aus eigener Erfahrung (du wirst es bestätigen können) kann ich dir sagen: Man ist als Leser eher geneigt, das nächste Kapitel noch schnell wenigstens anzufangen, wenn es zuvor einen Cliffhanger gegeben hat.

Wie geht das nun?! Ich habe ein paar Ideen für dich zusammengesammelt.

 

How to write a cliffhanger

 

Normalerweise ist es ja so, dass jedes Kapitel ein bisschen in sich abgeschlossen ist: Ein Tag ist beendet (die Figur schläft ein) oder es gibt einen Szenenwechsel. Verschnaufpausen wie diese bieten sich oft an, um ein Kapitel zu beenden und das neue zu beginnen.

Hier einige Ideen für Cliffhanger mit passenden Beispielen:

Dem Leser mehr Informationen geben als der Figur

Alison fielen nach den Strapazen des Tages fast die Augen zu. Gähnend ließ sie sich in die weichen Kissen fallen und war binnen Sekunden eingeschlafen. So bemerkte sie auch nicht den Fremden, der in dieser Nacht lautlos in ihr Zimmer kam, ein glänzendes Messer in der Hand.

 

Vorahnungen verwenden

Noch bevor Alison auf ihrem Rad um die Ecke bog, sagte ihr ein Grummeln in ihrem Bauch, dass etwas nicht stimmte. Sie sollte recht behalten.

 

Neue Figuren auftreten oder abtreten lassen

Die ganze Hütte erzitterte. Mit einem Mal saß Harry kerzengerade da und starrte auf die Tür. Da draußen war jemand und klopfte. (Ende von Kapitel 3 aus „Harry Potter und der Stein der Weisen“)

—–

Doch als sie sich umdrehte, war Andrew verschwunden. (ausgedachtes Beispiel)

 

Neue Situationen entstehen lassen

Sie raste auf ihrem Fahrrad die Main Street entlang. Hatte sie ihre Verfolger abgehängt? Ihre Lungen schmerzten, bald würden ihre Kräfte sie verlassen. Alison bog nach rechts ab und bremste so abrupt, dass sie fast vornüber fiel. Sie stand vor einer Sackgasse.
„Wer wird denn gleich weglaufen?“, fragte eine ruhige, eiskalte Stimme hinter ihr.

 

Hier mal eine kleine Anmerkung: Kapitel bestehen ja in der Regel aus Sequenzen, die ihrerseits aus Szenen bestehen. Normalerweise leitet jede Sequenz in eine neue Szene über. Diesen Übergang kannst du nutzen, um einen Cliffhanger zu erstellen: Löse die Situation einfach nicht auf, sondern beende das Kapitel mitten in der Spannung und verschiebe die Lösung auf das nächste Kapitel.

Mehr über den Aufbau von Szenen und Kapiteln werden wir übrigens im WOW-Kurs behandeln, der am 31. März für wenige Tage erhältlich sein wird.

 

Beispiele guter Cliffhanger

 

Bevor ich dir gleich noch ein ganz wichtiges Angebot von mir mitteilen will, wollte ich dir gerne Beispiele von Cliffhangern zeigen, die mich wahnsinnig gemacht haben – im guten Sinn. In der Regel sind die besten Cliffhanger an Stellen, an denen es ohnehin in der Geschichte den meisten Konflikt gibt – das hat mit der Fallhöhe der Figuren zu tun – und an Stellen, in denen wir emotional sehr eingebunden sind.

Also, hier mal meine Top 3, an die ich mich spontan erinnern konnte. ACHTUNG: SPOILER!!!

Harry-Potter-Film 7-1

Die letzte Szene von Teil 1 dieses zweiteiligen Films ist sehr prägnant. Es herrscht Krieg in der Zaubererwelt, im Grunde stehen die Chancen der „Guten“, gegen den bösen Voldemort zu gewinnen, eher schlecht. Alles, was Voldemort jetzt noch zum Sieg verhelfen könnte, wäre ein wirklich mächtiger Zauberstab, aber um den zu kriegen, müsste er ihn aus einem Grab des ehemaligen Schulleiters holen … Und rate, was passiert: In der letzten Szene sieht man, wie Voldemort genau das tut. Er bricht das Grab auf und reißt den mächtigsten Zauberstab der Welt an sich. Dann endet der Film.

Warum funktioniert der Cliffhanger?
Wir Zuschauer sind zu diesem Zeitpunkt schon einen langen Weg mit unseren Helden gegangen, schließlich ist es der 7. Film (was in der Geschichte 7 Jahren entspricht). Wir haben miterlebt, dass Figuren gestorben sind – ein Beweis also, dass durchaus etwas Schlimmes passieren könnte – und wir haben gesehen, wie stark das Böse geworden ist. Stärker als je zuvor in einem der Filme. Der Cliffhanger ist glaubwürdig und angsteinflößend, weil wir Voldemort durchaus zutrauen, jetzt den Sieg zu erringen. Gleichzeitig wollen wir aber, dass Harry gewinnt, auch wenn wir noch nicht wissen, wie. Wir vertrauen darauf, dass sich die Autorin etwas Geniales einfallen lässt, das es Harry gelingen lässt, Voldemort zu besiegen.

The Walking Dead – Staffelfinale von Staffel 6

Hier die Ausgangssituation: Unsere Helden haben sich schon durch unzählige Nahtoderfahrungen mit Zombies gekämpft und geraten dann in die Fänge einer ziemlich bösen Gruppe Menschen. Der Anführer namens Negan ist kaltblütig und so ziemlich der schlimmste Gegner, den es bisher gegeben hat. Er benutzt psychologische Tricks, um den Helden Angst einzujagen und schreckt vor massiver Gewalt nicht zurück. Die Helden knien ohne Waffen vor ihm, umzingelt von seinen Gefolgsleuten, und haben keine Chance, zu fliehen. Um ein Exempel zu statuieren, wird Negan einen aus der Gruppe töten. Am Ende der finalen Staffel sieht man nur, DASS einer getötet wird, aber man kann nicht erkennen, wer von ihnen es ist.

Warum funktioniert der Cliffhanger?
Ähnlich wie bei „Games of Thrones“ ist es auch bei The Walking Dead so, dass Hauptfiguren sterben. Als Zuschauer können wir uns eigentlich nicht vorstellen, dass auch nur einer aus dieser Heldengruppe entbehrlich ist, aber wir wissen, dass höchstwahrscheinlich einer stirbt. Der Konflikt ist fast unermesslich groß, was den Cliffhanger sehr einprägsam macht.
Die Serie ist ohnehin ein gutes Beispiel für interessant gestaltete Figuren.

 

„Friends“ – Staffelfinale Staffel 4  (Achtung, Spoiler)

Dass ein Cliffhanger keineswegs mit großem Trara passieren muss, zeigt das Beispiel von Ross‘ Hochzeit. Zur Ausgangslage: Ross und Rachel haben über mehrere Staffeln eine On-Off-Beziehung. Eigentlich will das Publikum irgendwie, dass die beiden zusammen sind, aber mittlerweile ist Ross verlobt und Rachel sieht erst viel zu spät ein, dass sie Ross eigentlich doch noch liebt. Sie fliegt zu Ross‘ Hochzeit, aber als sie sieht, wie glücklich er mit Emily zu sein scheint, gratuliert sie ihm nur und beschließt, ihm ihre Gefühle nicht zu gestehen.
Rachels Erscheinen aber bringt Ross ein bisschen durcheinander. Als die Hochzeitszeremonie stattfindet, sagt er (ich kenne nur die englischen Versionen der Serie, daher bleibe ich dabei): „I, Ross, take thee, Rachel … Emily! … Emily …“. Emily ist fuchsteufelswild, zieht die Trauung mit ihm durch, aber dann wird ausgeblendet und die Staffel beendet.

Warum funktioniert der Cliffhanger?
Einerseits wird der Konflikt nicht aufgelöst, wir wissen also nicht, wie Rachel reagiert oder ob Emily Ross tatsächlich noch „behalten“ will. Als Zuschauer haben wir die leise Hoffnung, dass Ross und Rachel – das Traumpaar der Serie (?) – doch wieder zueinander finden. Wenn die Hoffnung vorher eher gering und unwahrscheinlich war, so ist sie jetzt greifbar geworden und wir wollen wissen, ob die beiden die Chance nutzen.

 

Tipp: Analysieren und üben

 

Wenn du mal darauf achtest, wirst du bei allen möglichen Büchern und Filmen/Serien Cliffhanger feststellen. Gerade vor Werbepausen kann man besonders darauf achten, wie ein Sender oder wie die Autoren versuchen, die Zuschauer an den Fernseher zu fesseln. Wenn du das nächste Mal richtig sauer bist, weil jetzt Werbung kommt oder eine Episode/ein Kapitel an genau dieser Stelle endet, nimm dir eine Minute Zeit und überlege mal, wie der Autor diesen Cliffhanger geschafft hat.

 

Ich selbst bin zu jung, um „Dallas“ zu kennen, aber „Wer hat JR erschossen?“ war wohl damals eine der heißesten Fragen, die je eine Fernsehsendung heraufbeschworen hat. Acht Monate lang haben sich die Fans die wildesten Gedanken gemacht, und dann dauerte es in der neuen Staffel noch weitere 4 Folgen, bis die Lösung feststand. Alle Verdächtigten hatten ein gutes Motiv, hab ich gelesen 😉 Kannst du dich noch dran erinnern?

Ein Beispiel für einen neueren Cliffhanger, der durch die sozialen Medien ging, wäre Staffel 2 von „Sherlock“. Hab ich selbst nicht gesehen, aber als die Folge ausgestrahlt wurde, erbebte Twitter förmlich ob der vielen Kommentare dazu.

Welcher Cliffhanger hat dich schon beim Lesen oder Zuschauen die Nerven gekostet?

 

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Comments

  • 25. April 2017
    J.Darque

    Ich bin mir leider nicht 100%ig sicher, aber ich glaube, es war in den Podcasts von „Story Wonk“, wo zwischen „Cliffhanger“ und „Game Changer“ unterschieden wurde, was ich persönlich sehr gut fand. Die Daumenregel besagte, dass letzteres in der Regel besser ist als ersteres. Ich als Leser würde dem zustimmen, wenn natürlich nicht uneingeschränkt (so gut wie alle Regeln lassen sich ja stilvoll brechen).
    Demnach ist ein Cliffhanger, wenn man an einer spannenden Stelle unterbricht, zum Beispiel am Ende eines Kapitels (bei Serien auch sehr gerne am Ende der Folge), um den Leser dazu zu bringen, das nächste auch noch anzufangen. Der Game Changer dagegen hört auf NACHDEM etwas Neues, Spannendes gezeigt wurde, weil man wissen will, wie die neue Wendung die Geschichte beeinflusst. Beides kann funktionieren, aber ersteres läuft eher Gefahr, Frustration beim Leser hervorzurufen, insofern, dass er sich ausgespielt vorkommt, die Effekthascherei, die du bereits erwähnt hast.

    Beispiel:
    Die Protagonisten öffnen eine Tür, einer sagt „Oh mein Gott“, ein anderer fängt an zu schreien. Cut. = Cliffhanger
    Die Protas öffnen die Tür und sehen einen Dreiköpfigen Hund, der alle Köpfe zu ihnen dreht und sie anknurrt. Cut. = Game Changer.

    Die neue Information wird also noch präsentiert. Einige Cliffhanger, die du bereits erwähnt hast, wären auch Game Changer, sofern man diese Unterscheidung anwenden möchte. Ich fand sie selbst sehr nützlich und wollte sie deswegen mal mit euch teilen. 🙂

    Liebe Grüße, Joan

  • 7. Februar 2017

    Hallo Annika. Ich habe deinen Artikel sehr gerne gelesen! Ich würde dir da total zustimmen. Gerade im Bereich der realistischen Literatur dürfen Cliffhänger nicht Effekthascherei sein, sondern müssen sich gut in den sonstigen Plot einfügen. Wenn ich an Bücher denke, die ich super gerne gelesen habe, fällt mir auf, dass da, zumindest für mich, interessante Figuren/eine interessante Figurenkonstellation schon so viel Spannung hergeben, dass es gar keine großen Effekte bedarf um weiter lesen zu wollen. Oft genügen ja auch kleine Wendungen oder so, die alles dann noch mal in einem anderen Licht erscheinen lassen oder etwas neues über die Figuren offenbaren. Kennst du Roman Grafs Buch „Niedergang“? Da ist das meiner Meinung nach ziemlich gut gelungen. Ein wenig dramatisches und zeitlich sehr enges Setting – eine gemeinsame Bergbesteigung- wird durch die Figuren und ihre Konflikte trotzdem mit so viel Spannung aufgeladen, dass ich das Buch einfach nicht zur Seite legen konnte. Liebe Grüße, Milena

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