Was heißt „professionell“?
Einer meiner häufigsten Tipps an angehende Autoren lautet: „Sei professionell“. Auch im Artikel über Produktivität habe ich es ins Fazit geschrieben: Je professioneller du mit dem Schreiben umgehst, desto ernster nimmt dich deine Umwelt. Aber was bedeutet „professionell“ wirklich?
Worauf kommt es an, wenn man professionell sein will? Ist es wichtig, dass du bei öffentlichen Auftritten ordentlich angezogen bist, hübsch frisiert und geschminkt? Als Mann einen Anzug trägst, oder zumindest ein Sakko? Oder als Frau eine Bluse und hohe Schuhe?
Natürlich nicht.
„Professionell“ zu sein, heißt nicht, einen Banker zu imitieren oder die nächste Bundeskanzlerin werden zu können. Verwechsle Professionalität nicht mit Seriosität. Professionell zu sein, heißt, dein eigenes Handeln ernstzunehmen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Du möchtest gute Qualität abliefern, deine Fähigkeiten verbessern und ernstgenommen werden. Deswegen musst du aber lange noch nicht seriös wirken.
Natürlich kann Seriosität nützlich sein
Wenn du Fachbücher über die Finanzkrise schreibst, ist es verkaufsförderlich, wenn du seriös wirkst. Wenn deine Zielgruppe aus konservativen Schlipsträgern besteht, bist du ihnen vermutlich sympathischer, wenn du Seriosität ausstrahlst. Aber in fast allen übrigen Fällen, ist eine andere Sache wichtiger: Persönlichkeit.
Wer bist du?
Es gibt schon viel zu viele Menschen in dunklen Anzügen oder Hosenanzügen, die dir mit einer großen Portion angeblicher Seriosität etwas verkaufen wollen. Willst du dich selbst so darstellen? Oder willst du mit dem punkten, was dich ausmacht: Aufgeschlossenheit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit? Wir sind Individuen und du solltest dich nicht in eine Form pressen lassen, in die du nicht möchtest (das gilt natürlich auch für andere Lebensbereiche).
[Tweet „Du bist einzigartig – also lasse dich nicht in eine Form drücken, die dir nicht passt!“]
Was macht dich also aus? Opferst du dich besonders für deine Mitmenschen auf? Bist du witzig, fantasievoll oder kannst besonders toll mit Worten umgehen? Vielleicht hast du eine einnehmende Präsenz oder erzeugst bei deinem Gegenüber gleich ein Gefühl von Vertrautheit, wenn man dich trifft.
Diese Merkmale kannst du nutzen, um professionell zu sein. Schließt sich das nicht aus? Nein, keinesfalls. Mit „professionell“ meine ich, dass du im Einklang mit deinem Selbstbild deine Marke als Autorin oder Autor festigst.
Beispiel: Gefühlsbetonte Buchstabenakrobatin
Ich möchte dir ein Beispiel geben. Stell dir vor, du wärst eine Autorin, die dafür gelobt wird, besonders gefühlvolle Liebesromane zu schreiben. Du bist ein sanfter, harmoniebedürftiger Mensch und vermittelst diese Weichheit auch in deinen Geschichten. Außerdem überschlagen sich die Lobeshymnen in deinen Rezensionen, wenn es um deine Sprachqualität geht. Du schreibst so einfühlsam, dass deine Leser selbst dann weinen müssten, wenn du eine Gebrauchsanleitung für ihre Kaffeemaschine schreibst.
Wie kannst du diese Eigenschaften nun nutzen, um professionell zu sein?
Indem du dein Marketing darauf ausrichtest und diese Werte kommunizierst.
Deine Webseite sollte nicht gerade in schwarz gehalten sein, sondern vielleicht in Pastelltönen oder deiner Lieblingsfarbe. Natürlich musst du aufpassen, nicht zu kitschig zu werden, aber hier und da ein Schnörkel oder eine verträumte Grafik unterstreichen deine Weichheit.
Deine Cover sollten ebenfalls gefühlvoll gestaltet werden, vielleicht auch in zarten Tönen oder mit einer geschwungenen Schrift. Man sollte deine Bücher in einer Masse mit anderen Liebesromanen sofort wiedererkennen und wissen: „Aha, das ist ein Buch von Autorin XY.“ Wenn du professionell sein willst, kommuniziere das auch über deine Selbstdarstellung. Heißt: Gut gemachtes Cover, fehlerfreie Texte, ansprechende Webseite.
In deinen sozialen Netzwerken kannst du unter Zuhilfenahme deiner Wortzauberei tolle Bilder posten, Gedanken äußern, Stimmungen transportieren. Mit deinen Leserinnen und Lesern solltest du betont liebevoll umgehen und immer ganz du selbst sein.
Sei du selbst und hör auf, zu zweifeln
Die Buchmesse steht an. „Was ziehe ich nur an, um gut anzukommen?“, fragst du dich. Jeans? Ein Kleid? Sieht es blöd aus, wenn ich eine Jacke trage? Sollte ich vielleicht doch hohe Schuhe tragen, um besser auszusehen, obwohl die ausgelatschten Treter viel gemütlicher wären?
Stopp! Wer bestimmt, was du anziehst? Genau, DU allein.
Also überlege dir, was du anziehen möchtest, ohne daran zu denken, „was die anderen sagen“. Es ist egal, was die anderen sagen. Wenn du dich für Option A entscheidest, werden Leute meckern, wenn du dich für Option B entscheidest, ebenfalls (und das ist nicht nur auf die Kleiderfrage bezogen, sondern auch hier auf sämtliche Lebensbereiche).
Es gibt immer etwas zu meckern
Wenn ich mir unsicher bin, ob ich dieses oder jenes bei meinen Büchern ändern sollte, rufe ich mir immer in Erinnerung, dass selbst meine Lieblingsautorin 1-Sterne-Rezensionen bekommt, was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Aber schreibt sie deshalb ihren Roman um? Entschuldigt sie sich für das, was sie veröffentlicht hat? Nein. Sie geht ihren Weg weiter und achtet nicht darauf, was ihre Neider sagen. Du kannst es nicht allen recht machen.
Vielleicht können wir uns von den „Großen“ mehr Gelassenheit abgucken. Auch das gehört zur Professionalität.
Checkliste zur Professionalisierung
Wir haben also nun festgestellt, dass es nicht darauf ankommt, wie du angezogen bist, welche Haarfarbe du hast oder dass du dich wie ein Grashalm im Wind nach allen Wünschen deiner Umwelt richtest.
Professionalität heißt auch, eine Wegrichtung festzulegen und daraufhin Entscheidungen zu treffen.
Wenn du selbst nicht genau einschätzen kannst, ob du professionell bist, dann hilft dir vielleicht diese kleine Ideenliste weiter.
Wenn du professionell sein willst, dann…
- definiere deine Zielgruppe(n) so genau wie möglich
- produziere das bestmögliche Produkt (origineller Plot, dreidimensionale Figuren, bzw. ein superinteressantes und begehrtes Thema für ein Sachbuch, das ein Problem löst)
- baue eine ansprechende Webseite (oder lasse es machen)
- investiere in ein Profi-Cover
- handle stets im Einklang mit deiner Marke (bei Postings, Beiträgen, Interviews, etc)
- sei authentisch
- zeig dich! (Dein Gesicht als Profilbild, Bilder von dir mit deinen Büchern)
- lerne, auch mal Nein zu sagen
- verschenke deine Arbeit nicht (oder wenn, dann nur bei Gewinnspielen!)
- leg dir eine Visitenkarte zu
- sieh deine Arbeit als Business an
- verbessere deine Rechtschreibung
- bilde dich weiter
- betreibe Networking
- sei persönlich und verbinde dich mit deinen Lesern
An dieser Stelle möchte ich meine liebe Bekannte Wiebke Schmidt zitieren:
[Tweet „“Profis arbeiten mit Profis zusammen.“ -Wiebke Schmidt, Webdesignerin“]
Wenn du dich selbst nicht mehr als „Hobbyautor/in“ betitelst, sondern überzeugend sagen kannst, dass du Schriftsteller bist, dann bist du auf dem richtigen Weg.
Übung für dich
Das meine ich jetzt ernst:
Sage von heute bis Montag morgens und abends zu dir den Satz „Ich bin kein Hobbyautor, ich bin Schriftsteller.“
Und wenn du das kannst, dann trau dich folgendes:
Bringe beim nächsten Gespräch mit einer fremden Person deine Bücher ins Gespräch ein und sage deutlich, dass du Schriftsteller bist.
Ich bin gespannt, wie dein Erfahrungsbericht ausfällt!
Mieko
Hallo,
ja, es gibt wohl nichts schlimmeres, als die erste 1*-Rezi. An einem schlechten Tag kann sie einen wirklich an allem zweifeln lassen.
Würde manchmal gerne mit den Leuten mehr über meine Bücher reden. Aber da ich ganz bewusst unter Pseudonym schreibe und anonym bleiben will, verkompliziert das die Sache. Immerhin wollen die Leute immer sofort alles darüber wissen, wenn ich es mal erwähne.
Danke für die Tipps
Liebe Grüße
Mieko
Vom Schreiben leben
Hallo Mieko! Unter Pseudonym ist es natürlich schwierig, vis-à-vis mit deinen Mitmenschen darüber zu sprechen, wenn du das Pseudonym geschlossen halten willst. Was du aber tun kannst, ist, ein Facebookprofil für dein Pseudonym zu erstellen (bzw. eine Facebookpage, denn wenn ich mich recht erinnere soll man für erfundene Personen keinen Account erstellen). So kannst du trotzdem über deine Bücher sprechen und nicht in Erscheinung treten. Danke für deinen Kommentar! Liebe Grüße, Annika
Betty Kay
Das mit der 1-Sterne-Rezension muss ich grade auch lernen zu akzeptieren. Außerdem ertappe ich mich immer wieder dabei, bei der Beantwortung der Frage nach meinem Job zu zögern. Kürzlich habe ich mich aber gegen den – eigentlich als Kompliment gemeinten – Kommentar, ich würde das Schreiben halbprofessionell (also immerhin nicht UNprofessionell) machen, gewehrt. Vielen Dank für die Motivation!