Dein Roman ist geschrieben, ein Mal überarbeitet, die Testleser haben dir weitere Anregungen gegeben, die du umgesetzt hast. Nun kommt einer der Punkte, an dem sich die Self Publisher-Geister scheiden: Das Lektorat.
Was ist ein Lektorat? Was ist ein Korrektorat?
Diese beiden Begriffe werden gerne synonym verwendet, obwohl es zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Hier also die Unterscheidung:
Ein Lektorat befasst sich mit dem Schreibhandwerk und dem Aufbau des Romans. Es wird herausgearbeitet, ob alle Figuren dreidimensional entwickelt wurden, ob die Storyline logisch verläuft, wo es im Spannungsbogen noch Verbesserungspotenziale gibt, ob die Dialoge peppig sind, ob der Satzbau Sinn gibt, und so weiter. Kurz: Die QUALITÄT der Geschichte wird überprüft und verbessert.
Das Korrektorat achtet auf die Rechtschreibung des Textes. Manchmal wird das Korrektorat im Anschluss an das Lektorat auch vom Lektor durchgeführt, das ist aber nicht immer so. Oft genug lektoriert Person A und Person B korrigiert das Ganze am Schluss.
Braucht man überhaupt ein Lektorat?
Es gibt in der Branche der Self Publisher zwei Extreme: Diejenigen, die ein Lektorat für unabdingbar halten und diejenigen, denen es zu teuer ist.
Na gut, das ist vielleicht etwas zu Schwarzweiß ausgedrückt, natürlich gibt es auch Schattierungen dazwischen. Schauen wir uns doch mal an, welche Vor- und Nachteile ein Lektorat hat und was dafür oder dagegen spricht.
Die Vorteile eines Lektorates
Ich denke, es liegt ganz klar auf der Hand: Wenn man einen “guten Lektor” hat (später mehr), bekommt man nach dem Lektorat einen Text, der um Klassen besser ist als die Ausgangsversion. Der Text gewinnt an Qualität.
Man ist ja selbst sehr blind, was seinen Text angeht. Du als Autor/in kennst deine Figuren total gut, da kann es schonmal vorkommen, dass sie für dich schlüssig handeln, aber deine Leser dieses Handeln nicht verstehen, weil du vergessen hast, ihnen wichtige Informationen mitzuteilen.
Dein Lektor (m/w) sorgt also dafür, dass dein Text am Ende besser wird, logisch ist, dass die Figuren authentisch handeln und somit die Chancen, dass dein Buch sich gut verkauft, auch gesteigert werden. Gleichwohl kann ein Lektor (m/w) auch aus Mist kein Gold machen.
Übrigens: Durch die Zusammenarbeit mit einem Lektor (resp. einer Lektorin) verbessert sich auch dein Schreibstil!
Nachteile eines Lektorates
Hier muss wohl an erster Stelle das Geld angesprochen werden. Ein Lektor (m/w) muss bezahlt werden. Dabei werde ich jetzt nicht darauf eingehen, wie teuer ein Lektorat sein darf oder ob dieser oder jener Preis begründet ist. Fakt ist, ein Lektorat kostet Geld, teilweise sogar viel.
Im Schnitt liegst du irgendwo zwischen 3 und 6 Euro pro Normseite (1500 Anschläge pro Seite). Das macht bei einem durchschnittlichen 250-Seiten-Roman irgendwas zwischen 750 und 1500 Euro. Natürlich gibt es auch Lektoren, die günstiger sind, aber dann stellt sich immer die Frage, wie ein niedriger Preis gerechtfertigt wird. Nicht selten handelt es sich bei niedrig-dreistelligen Angeboten entweder um unerfahrene Lektoren oder unseriöse Angebote.
Ein Nachteil kann sein, dass du mit dem lektorierten Text unzufrieden bist, weil dein Lektor (m/w) und du nicht zueinander passen. Oder du bist an jemanden geraten, der nicht so gut ist, wie du erhofft hast. Dazu später mehr. Wenn du deinen Lektor (m/w) ausschließlich nach dem Preis aussuchst, besteht das Risiko, enttäuscht zu werden.
Übrigens: Ein sehr häufig genannter Grund, warum Autoren zum Verlag gehen, ist, dass sie nichts ins Lektorat investieren müssen.
Wie finde ich den richtigen Lektor/die richtige Lektorin?
Der sicherste Weg, an eine/n gute/n Lektor/in (sag mal, nervt euch das nicht auch, immer beide Versionen mit männlich und weiblich zu lesen?!) zu finden, ist, Kollegen/Kolleginnen zu fragen. Es läuft sehr viel über Mundpropaganda. Frag also mal bei anderen Self Publishern nach, wer lektoriert hat und ob sie die Zusammenarbeit empfehlen können. Oft steht auch im Impressum des Buches, wer das Lektorat durchgeführt hat.
Wenn du dann eine Auswahl an Lektoren/Lektorinnen getroffen hast, die Erfahrung haben, bereits Bücher aus deinem Genre lektoriert haben und die du von der Gesamterscheinung her seriös und sympathisch findest, dann kontaktiere diese Personen. Manche sind so lieb und machen ein Probelektorat, damit du einschätzen kannst, wie tief sie in den Text eingreifen, aber leider machen das nicht alle. Du schickst eigentlich immer eine Textprobe hin und bekommst dann ein individuelles Angebot erstellt. Achtung: Viele Lektoren haben Wartelisten von mehreren Wochen, manchmal sogar Monaten! Kümmere dich also nicht zu spät um einen Platz, sondern am besten schon während des Schreibens oder Überarbeitens!
Besprich mit dem Lektor (m/w) deine Erwartungen. Es soll ja für beide eine angenehme Zusammenarbeit werden und die klappt am besten, wenn man weiß, was der andere erwartet. Soll beispielsweise ausschließlich deine Story lektoriert werden, oder soll auch eine Tatsachenüberprüfung stattfinden? (Das heißt, dass der Lektor prüft, ob deine Rechercheergebnisse stimmen).
Eine Übersicht freier Lektorinnen und Lektoren findest du beim Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren.
Sympathie und Empathie
Ich persönlich kann nur mit Lektoren zusammenarbeiten, die mir irgendwie sympathisch sind.
Warum?
Nun, das Manuskript, das ich einreiche, ist vermutlich die zweitschlechteste Version, die es gibt (die schlechteste habe ich ja direkt nach dem Schreiben. Bei Schritt 5 erfolgte ja die erste Überarbeitung). Wenn ich Testleser bemüht habe, ist es immer noch die drittschlechteste Version. Ich weiß, dass viele Fehler darin enthalten sein werden und dass es bestimmt noch eine Menge Arbeit zu tun gibt. Ich bin verletzlich, weil ich weiß, dass irgendetwas kritisiert wird. Wenn mein/e Lektor/in mir nicht sympathisch ist und nicht das richtige Einfühlungsvermögen hat, dann verdirbt er/sie mir ganz schnell den Spaß am Schreiben.
Deshalb halte ich es für wichtig, jemanden mit Einfühlungsvermögen zu engagieren, der mich ermutigt, aber trotzdem auf alle Verbesserungen hinweist.
Was spricht gegen ein Lektorat?
Ich möchte es nicht verhehlen: Es gibt einige erfolgreiche Bücher, die nicht lektoriert wurden, so beispielsweise “Honigtot” von Hanni Münzer (mittlerweile im Piper-Verlag erschienen und somit doch lektoriert, aber als es noch das erfolgreichste SP-Buch war, war es nicht lektoriert). Und wer von uns kennt nicht sogar Verlagsromane, die einfach nur schlecht sind? Spricht ja auch nicht gerade fürs Lektorat (wobei man nie weiß, wie die Bücher vorher waren). Also “braucht” man vielleicht nicht zwingend ein Lektorat.
Meiner Erfahrung nach ist es allerdings so, dass Menschen wie Hanni Münzer oder auch Katelyn Faith schon von Natur aus so toll schreiben, dass ein unlektoriertes Werk von ihnen bereits den Qualitätsstand hat, den die meisten erst nach zweimaligem Lektoratsdurchlauf erreichen – wenn überhaupt. Falls du also ausnehmend gut schreiben kannst, kannst du eventuell auf ein Lektorat verzichten. Allerdings sollte man nie den Lerneffekt unterschätzen, den man durch ein Lektorat hat.
Wie auch immer du dich entscheidest: In meiner Schritt-für-Schritt-Anleitung ist ein Lektorat enthalten. Wenn du bei diesem Schritt angekommen bist, dann schickst du das Manuskript an den/die Lektor/in deines Vertrauens und fährst mit Schritt 8 fort.
Vielen Dank für unsere Erwähnung im Namen des gesamten Verbands! Übrigens ist gerade unser neues Online-Verzeichnis online gegangen, in dem noch besser nach Lektorinnen/Lektoren und ihren Dienstleistungen gesucht werden kann: http://www.lektoren.de
Grüße im Namen des VFLL
Inga Beißwänger (Pressereferentin)
Hallo, sehr gerne! Gute Arbeit muss doch erwähnt werden 🙂 Viele Grüße, Annika Bühnemann