Wie viel Geld braucht man zum Leben?

15. Juli 2014

Wenn wir davon reden, vom Schreiben leben zu wollen, ist es sinnvoll, zuerst zu definieren, was “leben” denn heißt und wie viel Geld man dafür braucht.

(c) flickr / 401K2013
(c) flickr / 401K2013

 

Vorweg: Selbstverständlich lässt sich nicht pauschal sagen, wie viel Geld jedes Individuum braucht, um davon leben zu können. Die Ansprüche und Ziele sind völlig unterschiedlich und steigen sogar mit Mehrverdienst. Es funktioniert aber auch in die andere Richtung: Je glücklicher wir mit unserer aktuellen Situation sind, desto eher verzichten wir auf das große Geld. Wer also sein Leben mit dem Schreiben von Romanen bestreitet und dabei 15.000 Euro im Jahr macht, hat häufig geringere materielle Ansprüche, weil er glücklich ist, seine Berufung leben zu können (auch, weil er sich zB ein luxuriöses Auto einfach nicht leisten kann – aber meine Erfahrung ist, dass diese Menschen viel zufriedener mit ihrem Leben sind als Großverdiener). Natürlich müssen alle Grundbedürfnisse und die laufenden Kosten gedeckt sein.

 

Was kostet das Leben?

 

Um zu wissen, ob man vom Schreiben leben kann, muss man wissen, wie teuer das eigene Leben derzeit ist. Ich habe deshalb für euch eine Excelliste erstellt, in der ihr eure Ausgaben mal berechnen könnt. Die Liste ist extra offen gehalten, damit ihr sie nach euren Wünschen verändern könnt. Bitte verschickt sie nicht weiter, sondern weist immer auf diesen Blogeintrag hin.

 

Berechnung_monatliche_Ausgaben

 

Ich gehe in dieser Liste davon aus, dass ihr einen festen Job oder regelmäßiges Einkommen habt, von dem die Ausgaben abgezogen werden.

 

Im Allgemeinen muss jeder von uns die meisten der folgenden Dinge bezahlen:

 

  • Kaltmiete
  • Strom, Gas
  • Nebenkosten
  • GEZ
  • Telefon und Internet
  • Diverse Versicherungen
  • Lebensmittel
  • Anschaffungen für Haus oder Wohnung
  • Benzin
  • KFZ-Steuern
  • Kredite
  • (Tiere)
  • (Kinder: Klamotten, Schule, Spielzeug, Lehrmaterialien, usw.)
  • Schreiben (Lektorat, Cover, Werbung)
  • Urlaub
  • Handy
  • Sparen

 

Nicht vergessen: Steigende Ausgaben als Selbstständiger!

 

Wenn du wirklich mit einem Leben als Vollzeitschriftsteller liebäugelst, verliere die zusätzlichen Ausgaben nicht aus den Augen! Die Abgaben, die derzeit dein Arbeitgeber übernimmt, musst du dann selbst tragen. Das können beispielsweise für Krankenkasse, Rentenversicherung und so weiter Beiträge von mehreren hundert Euro im Monat sein. Außerdem kommen unter Umständen Erstausstattungskosten hinzu, falls du dein Büro erst profimäßig einrichten musst, oder dir zu Beginn deiner Selbstständigkeit einen neuen Laptop zulegen möchtest.
Für mehr Informationen hierzu, bleibe diesem Blog treu. Das Thema wird auf jeden Fall in der Zukunft noch aufgegriffen.

 

Mehr als der Regelsatz?

 

Ein mögliches Kriterium zur Festsetzung des Betrags, den man zum Leben braucht, könnte der Regelsatz für Arbeitslose sein. Wer keine Arbeit findet, bekommt vom Staat finanzielle Hilfe, die je nach persönlicher Situation unterschiedlich ausfällt. Um es nicht zu kompliziert zu machen, beschränken wir uns auf eine Einzelperson ohne Kinder: 391 Euro Mindestsatz plus 200 – 500 Euro Wohnkostenerstattung, also maximal um die 900 Euro (nochmal: diese Zahlen sind gerundet und nicht ganz genau. Sie sollen lediglich einen Trend aufzeigen).

 

Deutsche Studenten haben laut der Webseite www.studieren.de im Schnitt 767 Euro netto zur Verfügung. Rund ein Viertel aller Studenten hat weniger als 600 Euro im Monat, ein weiteres Viertel aber mehr als 890 Euro – es kommt natürlich auch darauf an, in welcher Region man wohnt. Wichtig: Fast 90 % der Studenten werden finanziell von ihren Eltern unterstützt! Man kann also davon ausgehen, dass jeder Deutsche mindestens 800 – 900 Euro netto braucht, um zu überleben und nicht auf externe Hilfen angewiesen zu sein.

 

Durchschnittsgehalt von Schriftstellern

 

Die Künstlersozialkasse hat eine Seite veröffentlicht, die das Durchschnittseinkommen der Versicherten aufzeigt. Demnach verdienen Schriftsteller im Schnitt 1560 EUR brutto im Monat (also in etwa 1.100 Euro netto). Andere Zahlen sprechen von 845 Euro brutto (taz von 2011), also knapp 700 Euro netto. Erst letzte Woche wurde bekannt, dass britische Autoren mittlerweile deutlich weniger verdienen als noch vor 8 Jahren, nämlich gut 1160 Euro brutto. Offenbar liegt in Großbritannien die Grundsicherung bei rund 1700 Euro im Monat (gleiche Quelle).

 

Wie viel ist denn jetzt genug?

 

Wir haben nun also von 600 bis 1600 Euro alles dabei und noch immer kein Ergebnis. Wie bereits anfangs gesagt: Man kann nicht pauschal sagen, dass zB 1000 Euro netto für jeden genug sind. Es spielen Faktoren wie Wohnort und Kinder eine Rolle, ebenso der persönliche Lebensstil. Ein Student wird sich nach Jahren der Entbehrung leichter auf ein Landleben in einer 1-Zimmer-Wohnung einlassen können, wenn er dafür vom Schreiben leben kann, als ein Angestellter mit Führungsverantwortung, der die nächsten Jahre noch sein Haus abbezhalt, jedes Jahr in den Urlaub fahren will und zwei Kinder hat (Achtung, Klischee! Aber trotzdem wahr).

 

Jeder muss für sich selbst herausfinden, wie die Mindestsumme seines Einkommens sein muss und worauf er verzichten kann.
Die obige Excelliste kann ein erster Schritt sein, unnötige Ausgaben zu identifizieren.

 

Wie man seinen Lebensstandard herabschraubt

 

Während meiner Recherchen für diesen Artikel bin ich auf viele Beiträge gestoßen, in denen Tipps zum Sparen gegeben wurden. Da wurde beispielsweise vorgeschlagen, nur ein Auto statt zweien zu unterhalten. Für mich waren die meisten Tipps nicht umsetzbar, da ich mit meinem kleinen Einkommen wohl nicht die Zielgruppe war (ich könnte mir alleine nicht einmal ein Auto leisten 😉 ).

 

Also, wo kann man sparen, um seinen Lebensstandard etwas zu vermindern, selbst wenn man nicht viel hat? Zuerst solltest du die obenstehende Liste der Ausgaben Punkt für Punkt durchgehen:

 

  • könntest du in eine kleinere Wohung ziehen oder außerhalb der Stadt/aufs Land, wo die Mieten günstiger sind?
  • hast du bereits den günstigsten Strom- und Gasanbieter?
  • brauchst du einen Festnetzanschluss oder reicht ein entsprechender (günstigerer) Tarif übers Handy mit Freiminuten ins Festnetz?
  • brauchst du alle Versicherungen wirklich und ist es jeweils die günstigste?
  • achtest du beim Einkaufen auf Angebote und günstige Preise? Verzichtest du beispielsweise auf teures Fleisch und isst stattdessen mal etwas Günstigeres?
  • brauchst du ein Auto? Brauchst du genau SO ein Auto oder wäre etwas Günstigeres auch möglich?
  • tankst du zu günstigen Preisen?
  • hast du noch Kredite laufen? Wenn ja, konzentriere alle deine Bemühungen darauf, diese erst abzubezahlen, bevor du dich auf einen ersten Schritt Richtung “vom Schreiben leben” begibst
  • würdest du ein paar Mal auf teuren Urlaub verzichten? Auch Camping kann durchaus entspannend und inspirierend sein.
  • und so weiter

Hier findest du auch weitere Tipps zum Sparen: creditplusblog.de, spartippsammlung.de, uni-blog, und wikiHow (englisch)

 

Einkommenseite erhöhen

 

Während du deine Ausgaben minimierst, bietet es sich an, gleichzeitig auch die Einkommenseite zu erhöhen. Auch hier ist es natürlich wieder sehr individuell, welche Möglichkeiten zu empfehlen sind.

 

Als Schriftsteller könntest du beispielsweise Artikel verkaufen, Auftragsarbeiten erledigen, Lesungen gegen Geld abhalten, weitere Bücher schreiben oder versuchen, deine Verkäufe zu steigern (siehe auch Möglichkeiten vom Schreiben zu leben).

 

Du kannst in deinem Brotjob eine Gehaltserhöhung verhandeln (und diesen Betrag sparen oder anlegen, statt ihn auszugeben), dir einen besser bezahlten Job suchen oder am Wochenende einen Minijob machen (wobei das natürlich zu Lasten der Schreibzeit geht). Überlege, ob du deine Bücher statt für 99 Cent nicht lieber für 2,99 EUR verkaufen kannst und rechtfertige den Preis (falls du Selfpublisher bist und darauf Einfluss hast). Verkaufe Dinge, die du nicht mehr brauchst.

 

In einem späteren Artikel werde ich auf diesen Absatz im Detail eingehen und Wege aufzeigen, sein Einkommen zu erhöhen.

 

Geld anlegen

 

Einerseits ist es wichtig, sein Einkommen zu erhöhen, wenn man langfristig vom Schreiben will, aber auch das richtige Sparen gehört dazu. Ohne einen finanziellen Puffer ist die Selbstständigkeit ein risikobehaftetes Unterfangen. Mit einem  finanziellen Puffer, der dich sechs bis zwölf Monate retten kann, kannst du gleich viel ruhiger schlafen. Tipps zur Geldanlage gibt es beispielsweise auf meinegeldanlage.com (da gibt es auch ein ausführliches PDF zum Thema).

 

Willst du das überhaupt?

 

Wenn du deine Ausgabenseite so niedrig wie möglich hältst, verringerst du deinen Lebensstandard quasi automatisch. Die berechtigte Frage, die du dir selbst stellen solltest, lautet: Willst du das? Willst du ohne Auto leben, willst du in eine kleinere Wohnugn ziehen? Willst du auf Urlaub verzichten und dafür die Möglichkeit haben, deine Leidenschaft irgendwann zum Hauptberuf zu machen?

 

Vom Schreiben zu leben, bedeutet Verzicht. Auf Partys, auf Luxus, auf das, was viele unter “Leben” verstehen (zumindest für die erste Zeit, bis der große Bestseller kommt…). Der Unterschied ist: Für uns Schriftsteller ist es kein Verzicht auf das “Leben”, im Gegenteil: Wer morgens gerne aufsteht, um das zu tun, was er am liebsten macht, der lebt!

 

Natürlich müssen, wie bereits erwähnt, alle Ausgaben trotzdem gedeckt sein, damit die Geldsorgen die Kreativität nicht erdrücken.

 

Wenn dir das alles trotzdem zu hart ist, musst du den Kopf aber nicht hängen lassen. Vielleicht reicht es dir, dein Leben wie bisher weiterzuführen, ohne Verzichte einzugehen. Vielleicht hast du auch die Möglichkeit, dich langsam an Veränderungen zu gewöhnen, beispielsweise indem du Stück für Stück jedes Jahr eine Stunde weniger in deinem Brotjob arbeitest und es durch Buchverkäufe ausgleichst.

 

So oder so: Vom Schreiben zu leben ist ein hartes Stück Arbeit, das sich aber lohnt. Ob du langfristig 1000 Euro, 1500 Euro, 2000 Euro oder mehr Geld einnehmen musst, liegt ganz bei dir. Merke: Du hast immer die Möglichkeit, etwas zu ändern.

 

 

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GEDANKEN DAZU
AUSKLAPPEN

Schön wie gründlich du das Thema angehst, liebe Annika! Den eigenen Istzustand zu kennen ist eine der wichtigsten Grundlagen für den Erfolg.
Ich finde es auch spannend den Scheinwerfer auf den “vom Schreiben”-Teil der Frage zu legen. Es gibt ja mehr Möglichkeiten mit dem Schreiben Geld zu verdienen und dann davon zu leben als Bücher und Artikel zu schreiben.
Ich freue mich schon auf deine weiteren Artikel!
Alles Liebe,
Tom

GEDANKEN ÄUSSERN


Moin, ich bin Annika. Ich helfe dir, deinen besten Roman zu schreiben und ihn dann so zu veröffentlichen, wie du es dir vorstellst, ob mit oder ohne Verlag.

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